Spezialisiert sein muss man als Logistiker auf den Transport von frischem Bio-Ingwer zwar nicht. Etwas Expertise um die Besonderheiten der Knolle bedarf es allerdings schon.
Von Claudia Behrend
Seine Heimat liegt in warmen, exotischen Gefilden, denn er liebt tropisch-feuchtes Klima mit ausreichend Niederschlag. Konventionell angebaut kommt Ingwer meist aus China, die Bio-Variante vorwiegend aus Peru. Hier wächst er vor allem in der Region Junin in den zentralperuanischen Anden. Traditionell seien dort zuvor Kaffee und Zitrusfrüchte für den lokalen Markt angepflanzt worden, berichtet Volker Schmidt. er ist Einkaufsleiter Südamerika bei Biotropic, das sich auf den Anbau, Import und europaweiten Verkauf von biologischem Obst und Gemüse spezialisiert hat. „Seit 2005 wird auch Ingwer angebaut. Die Fläche, die für den Ingwer genutzt wird, hat sich seitdem vervielfacht“, so Schmidt.
Der Anbau erfolgt im Rotationsverfahren mit anderen kurzzyklischen Feldfrüchten, da Ingwer den Boden stark beansprucht. „Zwei Jahre müssen zwischen den Ingwer-Bepflanzungen liegen“, erläutert eine Pressesprecherin in der Zentrale der Supermarkt-Kette Edeka in Hamburg. Vom Anbau bis zur Ernte vergehen etwa neun Monate. Gepflanzt wird Ingwer in der Regel von kleinen Produzenten mit Flächen zwischen einem halben und fünf Hektar. Je nach Erntezeit und dem Wetter im jeweiligen Jahr liegt der Ertrag pro Hektar bei etwa 10.000 bis 15.000 Kilogramm. Die Erntesaison beginnt in der Regel im Juni und endet im März. „Aufgrund der im Januar einsetzenden Regenzeit finden die Ernte und Trocknung des Ingwers jedoch überwiegend von Juni beziehungsweise Juli bis Dezember statt“, erläutert Petra Renner, Leitung Wareneinkauf für Obst und Gemüse beim BioMarkt Verbund.
Über die Anden zum Hafen
„Transportiert wird die Ware vor allem auf dem Seeweg“, berichtet Jonathan Cornejo, Reefer Manager bei Kühne + Nagel in Peru. Während die Schale zu Beginn der Saison noch weich und frisch ist und per Schiff (nur) an die Pazifikküste der USA transportiert werden kann, ist sie im Juli dann so fest, dass der Ingwer auch per Schiff nach Europa geht. Auf die Luftfracht greift dennoch niemand zurück: „Lufttransporte spielen beim Ingwer aufgrund der großen Mengen, die verkauft werden, keine Rolle“, unterstreicht Schmidt.
Vor dem Seetransport muss der Ingwer allerdings erst einmal auf einer Höhe von 4.200 Meter die Anden überqueren, was auf der Straße bis zum Hafen etwa 24 Stunden dauert. „Bis vor zwei bis drei Jahren wurden die Kartons mit Ingwer in offenen Lkw mit Plane über die Anden zum Hafen gebracht und dort im Container palettisiert“, berichtet Schmidt. Inzwischen wird die Ware von den Feldern in Plastikkisten auf Pick-ups in die nächstliegenden größeren Städte wie Pichanaki und Satipo gefahren. Dort wird sie in Packstationen aufbereitet.
Dafür wird der Ingwer zunächst gewaschen, dann geschnitten und gründlich getrocknet, um Fäulnis und Schimmelbildung zu verhindern. Anschließend wird er in der Regel in Kartons à 14 Kilogramm verpackt. Zum Teil werden auch Säcke genutzt. Dann geht es in den Hafen von Callao, unweit von Perus Hauptstadt Lima.
Empfindliche Ware
Für den Seetransport der Knollen werden zunehmend Reefer-Container mit Temperaturschreibern genutzt, etwa für die Importware des Großhändlers Metro Deutschland. Während des Transports muss die Temperatur konstant bei elf bis zwölf Grad Celsius liegen – mit entsprechenden Einstellungen für die Durchlüftung und Entfeuchtung der Fracht. Schließlich zählt die Qualitätssicherung bei natürlichen Waren zu den größten Herausforderungen. Insbesondere bei Bio-Ingwer muss die sorgfältige Trocknung und Kühlung unter besonderen klimatischen Bedingungen garantiert sein. „Eng abgestimmte Logistik- und Transportschritte sowie ein hohes Verständnis für den Ingwer selbst, seinen Anbau und seine Ernte, sind dafür entscheidende Voraussetzungen“, so Renner. Anders als man erwarten könnte, gebe es jedoch keine auf den Transport von Ingwer spezialisierten Spediteure.
„Wenn der Container einmal eingestellt ist in Bezug auf Temperatur, Durchlüftung und Entfeuchtung, ist der Transport problemlos und kann von jedem Spediteur durchgeführt werden“, bestätigt Schmidt. Allerdings sollte man auf Container neuerer Baujahre achten um sicherzustellen, dass diese einwandfrei seien und die Dichtungen gut schlössen. „Das Wichtigste ist ein gut funktionierender Reefer“, betont auch Cornejo. Außerdem sollte der Transport nach der Ernte insgesamt nicht länger als 40 Tage dauern. Logistisch seien daher derzeit die fehlenden Kapazitäten von Stellplätzen und Equipment die größte Herausforderung.
„Hauptbestimmungsorte des Ingwers von Callao nach Europa waren im vergangenen Jahr laut einer Statistik des niederländischen Marktforschungsunternehmens Esomar mit rund 83 Prozent Marktanteil Rotterdam, gefolgt von Sankt Petersburg mit 9,3 Prozent und Hamburg mit 7,6 Prozent“, berichtet Reefer Manager Cornejo. Der Transport nach Europa dauert im Normalfall 20 bis 24 Tage.
Zoll und Qualitätskontrolle in Europa
Sobald der peruanische Bio-Ingwer für Metro in Europa eingetroffen ist, wird er verzollt und einer Qualitätskontrolle unterzogen, die unter anderem die Einhaltung der EU-Richtlinien umfasst. „Wenn alles in Ordnung ist, wird der Container in ein Bio-Logistikzentrum in Nordrhein-Westfalen gebracht. Von dort aus geht die Ware in die Metro-Großmärkte und in den Verkauf“, berichtet Petra Wieland-Rogg, Category Managerin Obst, Gemüse & Blumen bei Metro Deutschland. Dort wird er dann in 200-Gramm-Packungen sowie in 1‑Kilogramm-Kartons verkauft.
Seit einigen Jahren wird Bio-Ingwer hierzulande ebenfalls sowohl in manchem Blumentopf oder Garten als auch in einigen Gärtnereien unter Glas oder in Folientunneln erfolgreich vermehrt. Doch seine Wurzeln stammen auch dann aus Peru.