Australien ist riesig, dünn besiedelt, im Landes- inneren häufig unwirtlich und in den Küsten regionen von Feuern und Hochwasser betroffen. Aber das Land ist attraktiv, sowohl für Touristen als auch für ausländische Logistiker.
Von Kerstin Zapp
Von Deutschland aus besonders weit weg liegt Australien. Trotzdem sind einige Spediteure mit deutschem Stammsitz dort aktiv. Es lohnt sich: Die Verkehrsleistung des Landes lag von Juli 2020 bis Juni 2021 bei rund 800 Milliarden Tonnenkilometern im Inland. Davon entfielen mehr als 591 Milliarden auf Bulkfracht. Auf der Schiene wurden 453 Milliarden Tonnenkilometer erbracht, auf der Straße waren es 235 Milliarden.
Die Hoyer Group arbeitet in Australien seit 1999 mit AAW Global Logistics zusammen. 2018 wurde ein gemeinsames Joint Venture gegründet, an dem Hoyer die Mehrheit hält. Entstanden ist die Partnerschaft aus dem Im- und Exportgeschäft des deutschen Transport- und Logistikspezialisten vor allem für Flüssiggüter mit Australien. Mittlerweile jedoch nimmt das Inlandgeschäft viel Raum ein. Darüber hat die DVZ mit Stuart Eastaugh, Commercial Director von Hoyer Logistics Australia, gesprochen.
DVZ: Mr. Eastaugh, warum hat sich Hoyer in Australien im Inlandsgeschäft engagiert?
Stuart Eastaugh: Es handelt sich um einen Markt mit großem Frachtvolumen, an dem wir gern partizipieren wollten. Zudem ähnelt er einigen Märkten, in denen wir bereits mit technisch orientierten logistischen Lösungen erfolgreich sind. Das Inlandsgeschäft war also eine passende Erweiterung der logistischen Leistungen für unsere Im- und Exportkunden. Schließlich endet unser Spezialwissen über den Umgang mit Bulkladung nicht an der Grenze.
Mit welchen Produkten haben Sie Ihr Geschäft in Down Under gestartet?
Das waren logistische Lösungen mit Tankcontainern für die Lebensmittelindustrie im Land. Bald kamen Leistungen für weitere flüssige, aber auch trockene Produkte hinzu, die wir für die Sektoren Lebensmittel, Chemie, Minenbewirtschaftung und industrielle Fertigung angeboten haben.
Welche Verkehrsträger nutzen Sie hauptsächlich?
Straße, Schiene und nationalen Seetransport, häufig in Kombination miteinander. Ist beim Kunden ein Anschlussgleis vorhanden, ist die Schiene eine gute Möglichkeit, besonders zwischen großen Städten entlang der australischen Ostküste, aber auch zwischen Melbourne und Perth. Der Seetransport eignet sich etwa für die lange Strecke zwischen Ost- und Westaustralien. Er ist deutlich kostengünstiger als der Weg über die Schiene oder die Straße. Obwohl das Land so weitläufig ist, spielen Straßentransporte für Hoyer eine große Rolle. Das Netz ist sehr gut ausgebaut. Allerdings setzen wir in der Regel keine Road Trains ein – weil die Produkte oder die Behälter dafür nicht geeignet sind, die Lagerkapazitäten der Kunden nicht dazu passen oder andere Restriktionen bei den Kunden gelten.
Setzen Sie eigene Behälter ein?
Ja, wir können auf eine große Zahl eigener Tankcontainer, Intermediate Bulk Container (IBC) und Flexi-Tanks im Land zurückgreifen.
Was ist die größte logistische Herausforderung in Australien?
Die Größe des Landes – wir sprechen von über 7,6 Millionen Quadratkilometern und sechs Zeitzonen – und die Dimension des gut ausgebauten Infrastrukturnetzes: mehr als 870.000 Straßenkilometer, 33.000 Schienenkilometer, die für schwere Fracht geeignet sind, und 37 Häfen. Entsprechend ist der Unterhalt der Infrastruktur aufwendig und teuer. Diverse Projekte hat die Regierung aufgesetzt, um beispielsweise die Straßen und Schienenwege weiter aus- oder die Staus rund um die Häfen abzubauen. Zudem machen sich auch in Australien immer häufiger Personalengpässe bemerkbar. Die Arbeitslosenquote liegt nur bei 4,2 Prozent.
Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Bezug auf Frachttransporte auf diesem Kontinent?
Eine immer größere. Sowohl die Regierungen der einzelnen Territorien und die nationale Führung als auch der Transportsektor selbst treiben den Umweltschutzgedanken voran. Hoyer Logis- tics Australia bietet den Kunden etwa den Vergleich der Energieeffizienz bei der Nutzung unterschiedlicher Verkehrsträger an. So liegt die Emission pro TEU auf der 4.000 Kilometer langen Strecke zwischen Sydney und Perth auf der Schiene beispielsweise bei 2,53 Tonnen C02 , bei Nutzung der Küstenschifffahrt jedoch nur bei 0,81 Tonnen CO2 – jeweils inklusive des Vor- und Nachlaufs per Lkw.
Was zeichnet die Arbeit in Australien aus?
Die Leute sind sehr freundlich. Und Herausforderungen werden von allen Beteiligten gemeinsam und mit positiver Grundhaltung angegangen. Die Einstellung gegenüber Innovationen ist bemerkenswert offen, neue Produkte und alternative Lösungen werden gern ausprobiert. Das Interesse unserer Kunden, von unseren Erfahrungen auf anderen Märkten zu lernen, wächst. Das macht unsere Arbeit hier sehr interessant und angenehm.
Wohin möchten Sie Ihr Australien-Geschäft entwickeln?
Unabhängig von einzelnen Verkehrsträgern wollen wir unseren Kunden noch mehr logistisch maßgeschneiderte Komplettlösungen anbieten, etwa in den Bereichen Lebensmittel, Chemie und Gas. Eine Rolle können dabei unsere smart Tanks spielen, mit denen diverse Produktdaten während des Transports überwacht werden können und jederzeit die Lokalisierung der Behälter möglich ist. Darüber hinaus wollen wir unsere Kunden überzeugen, mehr Transporte auf die Küstenschifffahrt zu verlagern. Die Infrastruktur dafür ist gut ausgebaut, die erforderlichen Services sind vorhanden und der Umwelt kommt die vermehrte Nutzung dieses Verkehrsträgers ebenso zugute wie dem Geldbeutel der Kunden. Und wir bauen auf langfristige partnerschaftliche Kundenbeziehungen, um gemeinsam die Wertschöpfung zu steigern sowie komplexe logistische Herausforderungen zu meistern.