Wie können Transportdienstleister effizienter arbeiten, Leerfahrten vermeiden, Emissionen senken und ihr Transportnetzwerk in der Summe optimieren? Mit diesen Fragen suchte Reichhart Logistik eine IT-Lösung, in der alle Daten zusammenlaufen. Gefunden hat sie das Unternehmen aus Gilching mit Unterstützung von Siemens Digital Logistics.
von Tim-Oliver Frische
Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt Reichhart Logistik schon viele Jahre. Sei es durch den frühen Einsatz von Biodiesel, das Heizen seiner Verwaltungsgebäude mit Wärmepumpen oder die Verwendung eines Carbon-Footprint-Rechners. Das mittelständische Unternehmen aus Gilching bei München befasst sich oft mit Herausforderungen, bevor diese Mainstream werden. Um Fahrten schon jetzt zu dekarbonisieren, setzt der Logistiker aktuell auf Biomethan aus 100 Prozent Reststoffen beziehungsweise Stroh. Für die Optimierung von Routen und die Verbesserung der Fahrzeugauslastung arbeitet das Familienunternehmen mit einer maßgeschneiderten IT-Lösung von Siemens Digital Logistics.
Siemens-IT-Tool kann daten simulieren
Das Projekt Digitalisierung hatte der Logistikdienstleister schon vor Jahren mit der firmeneigenen Logistikplattform für Lagerverwaltung und Sequenzierung, motus, angeschoben. Um up to date zu bleiben und effizienter zu arbeiten, sah sich das Unternehmen 2021 nach einer IT-Lösung für die Transportlogistik um, in der alle Daten zusammenlaufen und das firmeneigene Logistiknetz detailliert simuliert wird.
„Wir wollten ein Tool, um alle Daten zu konsolidieren und sie kompakt zusammenzufassen, um ökonomische und ökologische Facetten in Balance zu bringen, unsere Effizienz zu steigern und Planungstools weiter zu professionalisieren“, erläutert Katja Gerads, Team Lead für das Transport Logistics Tender Management bei Reichhart Logistik. Dieses sollte besonders flexibel sein, da die unterschiedlichsten Tätigkeitsfelder und die Anforderungen einer heterogenen Kundschaft (von Automotive über Bäckereien bis zu Fashion-Unternehmen) abgedeckt werden sollten.
Nutzfreuendliche Bedienung, keine Fehlfahrten mehr
Für die Suche nach einem geeigneten Dienstleister teilte Reichhart alle Anforderungen in Cluster ein und gewichtete diese, bevor sich das Unternehmen auf dem Markt nach geeigneten Software-Partnern umsah. „Es gab viele Meetings, in denen wir Anbieter und ihre Lösungen gefiltert haben“, so Gerads. Die Entscheidung fiel schließlich auf Siemens Digital Logistics und seine Supply Chain Suite (SCS). Diese verbindet diverse Vorteile, wie den strukturierten Datenimport aus unterschiedlichsten Quellen und die Möglichkeit zum unbegrenzten Datenexport mit einem nutzerfreundlichen Interface. Reichhart nutzt eine On-Premise-Version der SCS.
„Wir konnten die Supply Chain Suite ganz individuell an unsere Wünsche anpassen“, erläutert Gerads. Um beispielsweise eine bestmögliche Auslastung von Fahrzeugen zu erreichen, werden beim Logistikdienstleister mithilfe des Tools Laderäume und Transportkapazitäten genauestens kalkuliert. Auch anfallende Kosten werden exakt berechnet.
22% Emissionen konnte Reichhart Logistik bei einem Kundenprojekt einsparen. (Quelle: Reichhart Logistik)
Zudem zahlt die Konsolidierung der Adressdaten darauf ein, dass Daten in verschiedenen Ländern zum Teil ganz unterschiedlich aufgebaut sind. Fehlende oder inkorrekte Adressdaten gehören damit ebenso der Vergangenheit an wie darauf zurückzuführende Fehlfahrten.
Mit dem neuen Tool kann der Logistiker Routen und Frequenzen heute besser anpassen. Lkw-Teilladungen werden automatisch so kombiniert, dass signifikant weniger Leerfahrten entstehen. Aus vielen einzelnen halb leeren Single-Trips wurden effiziente Round-Trips, wobei Ladungen intelligent kombiniert werden, um Waren simultan auszuliefern beziehungsweise einzusammeln.
Bessere Auslastung, bessere Öko-Bilanzen
„Durch eine verbesserte Auslastung können wir unsere Effizienz steigern und so nachhaltiger handeln“, betont Katja Gerads. Wenn sich bei jedem Supplier die Verweildauer beispielsweise um fünf bis zehn Minuten reduziere, ließe sich auch die Anzahl der benötigten Fahrzeuge reduzieren, veranschaulicht sie.
In der Summe konnten wir eine Effizienzsteigerung von 10 Prozent erreichen. (Katja Gerads)
An einem konkreten Kundenprojekt wird deutlich, welche Ergebnisse Reichhart durch die Implementierung der Supply Chain Suite erzielen konnte: die Raumausnutzung wurde um 18 Prozent verbessert, Transportkosten um 13 Prozent reduziert und Emissionseinsparungen von 22 Prozent erzielt. „In der Summe konnten wir eine Effizienzsteigerung von 10 Prozent erreichen, was unter anderem auf Zeitersparnisse zurückzuführen ist“, berichtet Gerads.
Reichhart ist Fit für die Zukunft
Auch künftige Bedarfe oder anvisierte Maßnahmen, wie etwa die Inbetriebnahme neuer Hubs, simuliert Reichhart mit der Supply Chain Suite risikolos. Verschiedenste Varianten und die damit einhergehenden Folgen lassen sich digital mit wenigen Klicks durchspielen. Damit bleibt das Unternehmen immer auf dem neuesten Stand und anpassungsfähig. Neue Entwicklungen und ihre Folgen wie etwa der erwartete Wegfall der Mautbefreiung für Biomethan zum Ende des Jahres oder eine Mautanpassung können so frühzeitig für die Planung berücksichtigt werden.
Reichhart Logistik: 1967 als Ein-Mann-Unternehmen von Horst Reichhart gegründet, hat der mittelgroße Logistikdienstleister heute über 800 Mitarbeitende an 15 Standorten in drei Ländern. Alexander Reichhart, Sohn des Firmengründers, führt das Unternehmen, das alle Logistikleistungen entlang der Supply Chain anbietet. Für das aktuelle Jahr wird ein Umsatz von 90 Millionen Euro angestrebt.