Die USA sind ein wichtiges Absatzland für deutsche Fahrzeuge. Es werden aber auch Pkw reimportiert und amerikanische Wagen in die Bundesrepublik exportiert – ein spannender Markt für Sammler und Logistiker.
Von Claudia Behrend
Ein roter Ford Mustang aus den 1960er Jahren, ein Buick oder ein Mercedes-Roadster, wie ihn Bobby Ewing in der Kult-Fernsehserie „Dallas“ fuhr? Wer ein älteres Auto sucht, kann oder will oft nicht einfach zu einem deutschen Händler gehen, da die Fahrzeuge in den USA oder Kanada teils günstiger oder überhaupt nur dort verfügbar sind. Oder es handelt sich um eine Urlaubsliebe. Dann bleibt lediglich der (Re-)Import. Die Mengen lagen zwar mit knapp 200.000 importierten neuen und gebrauchten Pkw im vergangenen Jahr ein Drittel unter der Anzahl der Exporte von Autos aus Deutschland in die USA (rund 300.000 Stück). Der Einfuhrwert der aus den Vereinigten Staaten in die Bundesrepublik eingeführten Pkw betrug nach Angaben des Statistischen Bundesamts insgesamt allerdings knapp 6,3 Milliarden Euro.
Der Markt ist also groß genug für mehrere Anbieter von darauf spezialisierten Logistikdienstleistungen. Einer davon ist die zur international agierenden PWL-Gruppe gehörende Seehafenspedition LPL Automotive in Bremerhaven. Eigentlich müsste man allerdings fast von mehreren Märkten sprechen, denn wie die Art der Kaufgründe ist auch die Bandbreite der importierten Fahrzeuge groß. Sie erfordert zum Teil sehr unterschiedliche Spezialkenntnisse. „Von Sammlerstücken wie Porsche 356 und 911 zur Geldanlage über Ford Mustang aus den 1960-ern bis zum jüngerem Pick-up-Truck zum Restaurieren und Nutzen ist alles dabei“, berichtet Jasmin Fröbius, Teamleiterin der Abteilung USA Autoimport & Classic Cars bei LPL. Neuwagen amerikanischer Marken spielen nur eine geringe Rolle.
60 Prozent Oldtimer, 40 Prozent Youngtimer
Grundsätzlich sei die Nachfrage groß, der Markt allerdings derzeit aufgrund der steigenden Fahrzeugpreise und Frachtraten leicht eingebrochen: „Wir sprechen aktuell von einer Preissteigerung in Höhe von 25 bis 40 Prozent bei der Fracht, je nach Fahrzeugmodell und Abgangshafen“, berichtet Fröbius. Am beliebtesten seien die Marken Mercedes-Benz, Ford und Porsche. „Hier gibt es einen Mix aus etwa 60 Prozent Oldtimern und rund 40 Prozent Youngtimern.“ Während Oldtimer größtenteils als Wertanlage, Sammelobjekt, zum Restaurieren und natürlich auch für eine Ausfahrt bei schönem Wetter importiert würden, nutzten die Käufer Youngtimer – Wagen, die noch keine 30 Jahre alt sind – eher als sogenannte Daily Driver, also als Alltagswagen.
Für den Transport nach Deutschland kommen in der Regel 40-Fuß-Seecontainer zum Einsatz, in die je nach Fahrzeuggröße zwei bis vier Pkw passen. „Man kann beispielsweise vier Mustangs in einen Container laden oder aber zwei Pick-up-Trucks“, erläutert die Teamleiterin. Derzeit seien die Störungen in der Logistikkette für das Logistikunternehmen und seine Kunden deutlich zu spüren: „Bedingt durch die Pandemie läuft alles etwas langsamer in allen US-Häfen, aus denen Richtung Europa exportiert wird“, berichtet Fröbius. Dadurch käme es zu Verzögerungen von bis zu vier Wochen bis zur Ankunft der Fahrzeuge. „Der Abgangshafen Los Angeles ist aktuell extrem überlastet, dort liegen sehr viele Schiffe und warten auf die Ent- und Beladung.“ Dort gebe es derzeit auch den größten Mangel an Equipment. „Die Häfen New York, Miami und Houston sind ebenfalls von Verzögerungen betroffen, im Vergleich aber noch einigermaßen im Rahmen“, so Fröbius.
Auf Luftfracht werde dennoch nur sehr selten zurückgegriffen: „Luftfrachtraten sind sehr hoch. Dies lohnt sich für den einzelnen Privatkunden aus Kostengründen nicht, daher wird diese Möglichkeit in der Regel für Pkw-Transporte nicht genutzt.“ Anders sei es beim Transport mit RoRo-Schiffen: „Dies hängt vom Kunden ab“, berichtet Fröbius. Aus den USA seien die RoRo-Raten zwar größtenteils identisch mit den Containerraten. Allerdings biete die Verladung im Container einen deutlichen Vorteil: Der Transport ist hier anders als bei RoRo unabhängig vom Zustand des Fahrzeugs und davon, ob es fahrbereit ist oder nicht. Außerdem können beispielsweise Ersatzteile mit in das Auto gelegt werden. „Bei RoRo-Verladungen muss das Fahrzeug zwingend fahrbereit sein und es darf sich darin keine Beiladung befinden“, hebt Fröbius hervor.
Kaufpreis zählt nicht allein
Bei den Kosten ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich. US-Fahrzeuge werden im Drittland zwar immer netto erworben, wenn vom Käufer nachgewiesen werden kann, dass der Wagen in den Export und somit ins Ausland geht. Allerdings kommen beim Export nach Deutschland die Fracht, Einfuhr-Umsatzsteuer, gegebenenfalls Zollgebühren sowie Abfertigungskosten dazu. Sowohl US-Cars als auch Reimporte europäischer Klassiker dürfen seit 2014 zollfrei und zu einem verringerten Steuersatz in die Bundesrepublik eingeführt werden. „Für Oldtimer, also Fahrzeuge, die mindestens 30 Jahre alt sind oder älter, fallen sieben Prozent Einfuhr umsatzsteuer und kein Zoll an“, erläutert Fröbius. „Diese wird berechnet auf Basis des Kaufpreises und der Frachtkosten inklusive der lokalen Kosten, die in Bremerhaven für die Entladung sowie den finalen Transport zum Käufer anfallen.“ Für Fahrzeuge, die jünger als 30 Jahre sind, würden zehn Prozent Zollgebühren und 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer fällig. Des Weiteren fallen Abfertigungsgebühren an, die unter anderem je nach Größe des Fahrzeugs, des Containers und der Anzahl der Wagen pro Container variieren. Sie liegen aktuell zwischen 525 und 700 Euro.
Überdies müssen nahezu alle Fahrzeuge, die zur Nutzung importiert werden, technisch umgerüstet werden. Das betrifft beispielsweise die Scheinwerfer, die Blinker und Rücklichter. „Da die Fahrzeuge für den US-Markt produziert wurden, erfüllen diese nicht die EU-Richtlinien für den Straßenverkehr“, erklärt Fröbius.
Um eine allgemeine Betriebserlaubnis durch den TÜV, also eine Komplettabnahme, kümmern sich für LPL Automotive in Bremerhaven ansässige Partner. „Alternativ kann der Kunde auch selbst einen Fachbetrieb in seiner Nähe beauftragen“, so die Teamleiterin. Zum Serviceangebot des Logistikers gehört außerdem eine Art Treuhandservice, die sogenannte Escrow-Dienstleistung. Dabei wird das Eigentum am Pkw treuhänderisch verwaltet, bis eine bestimmte Vertragsbedingung erfüllt ist. LPL verfügt zudem über ein offizielles Zolllager, in dem Fahrzeuge zoll- und steuerfrei bis zum Abverkauf oder Erreichen des Oldtimer-Status gelagert werden können. Der Rundumservice macht es Liebhabern leicht, sich einen Traum zu erfüllen.