Dynamisch, vielfältig, zukunftssicher: Kaum ein anderes Berufsfeldist so spannend wie die Logistik
von Iris Büchler ist freie Journalistin mit Sitz in Wisch
Als Herz unseres modernen Wirtschaftslebens bildet die Logistik die Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Handel und Endverbraucher. Tagtäglich sorgen im drittgrößten Wirtschaftsbereich Deutschlands mehrere Millionen Logistik-Fachkräfte dafür, dass Lieferketten glatt laufen und unsere Versorgung gesichert ist. Dieser Bereich verbindet berufliche Sicherheit mit guten Karriereperspektiven – ein Berufsfeld mit Zukunft.
Als Logistikweltmeister braucht Deutschland qualifiziertes Personal, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Logistiker werden in der gesamten Waren-Lieferkette benötigt. Es ist eine zukunftsorientierte Wirtschaftsbranche mit interessanten Karrieremöglichkeiten, nicht nur in der Chefetage. Um die logistische Leistungsfähigkeit Deutschlands auch weiterhin zu sichern, werden dringend Auszubildende gesucht, die die Logistik von morgen mitgestalten. Auch nach der Ausbildung sind die Möglichkeiten vielfältig. Und selbst Ungelernte finden hier Perspektiven, um beruflich voranzukommen und ihre Gehaltsaussichten zu verbessern.
Logistik von morgen mitgestalten
„Im Logistikbereich lässt sich Karriere machen – unabhängig davon, ob ein und welcher Schulabschluss vorliegt. Dieser Wirtschaftszweig boomt, denn ohne Logistiker hakt es überall in der Wirtschaft. Logistik ist absolut zukunftsfähig“, erzählt Martin Wedemann, Aus- und Weiterbildungsberater bei der Handelskammer Hamburg. „Vor allem ist es ein Bereich, der auch ohne Studium gute Aufstiegschancen bietet. Im Laufe meiner über 30 Berufsjahre haben sich die Zahlen in der Logistik immer gut entwickelt. Zwar hatten wir in Hamburg im Ausbildungsbereich Logistik zwischen 2016 bis 2021 einen Rückgang. Das betraf aber eigentlich alle Berufe. Erfreulicherweise sind die aktuellen Zahlen sehr positiv: Zum Beispiel gab es 2022 in Hamburg 31 Neuverträge im Bereich Fachkraft für Hafenlogistik. Davon hatten acht Auszubildende Abitur – was für diesen Beruf eher ungewöhnlich ist. Offenbar merken inzwischen wieder mehr junge Leute, dass sie nicht studieren, sondern doch lieber etwas Praktisches machen möchten. Dafür ist der Logistikbereich ideal.“
Nach der Ausbildung gibt es diverse Weiterbildungsangebote. Wer zum Beispiel Fachkraft für Hafenlogistik gelernt hat und im Bereich Hafen bleiben möchte, kann eine Fortbildung zum Hafenfacharbeiter machen. Als nächste Stufe bietet sich der Meister für Lagerlogistik an. Fortbildung ermöglicht dann sogar den Wechsel aus dem gewerblichen in den kaufmännischen Logistikbereich, sofern man dort bereits entsprechende Berufserfahrung nachweisen kann. So hat beispielsweise ein Hafenlogistiker die Möglichkeit, sich zum Fachwirt für Spedition weiterzubilden. Private Lehrgangsanbieter führen diese Fortbildungen berufsbegleitend abends und an den Wochenenden durch. Oft übernehmen die Unternehmen die Kosten dafür ganz oder teilweise, denn sie unterstützen die Weiterbildung ihrer Fachkräfte gerne. In Hamburg nutzen laut Martin Wedemann rund 30 Prozent der Gesellen im Bereich Lager- und Hafenlogistik diese Karriereperspektiven. Denn in der Regel bietet die Fortbildung sehr gute Chancen auf einen höheren Verdienst. Und nicht zuletzt gibt es unter den Hafenarbeitern auch Leute, die zwar in jungen Jahren nie eine Ausbildung gemacht haben, aber bereits etliche Jahre Berufserfahrung haben. Sie können sich als Externe zur Prüfung anmelden, um einen Abschluss zu machen. Hierzu bietet das Fortbildungszentrum Hafen Hamburg diverse Weiterbildungsmöglichkeiten an, gerade für Ungelernte.
Hier kann man was bewegen
„Von den Betrieben höre ich permanent: ‚Wir suchen qualifizierten Nachwuchs!‘ Die Ausbildungsbereitschaft bei den Unternehmen ist vorhanden, aber es fehlt an passenden Bewerbern. Die Handelskammer Hamburg hat jede Woche mehrere Anfragen von Betrieben, die erstmalig ausbilden wollen – weil sie merken: Sie bekommen auf dem Markt keine ausgebildeten Fachkräfte mehr“, sagt Martin Wedemann. Um das zu ändern, könnte aus seiner Sicht die Berufsvorbereitung an den allgemeinbildenden Schulen noch verbessert werden. „Wir gehen ja auch manchmal dorthin, um Schüler über Ausbildung zu informieren. Da merkt man, dass die Unwissenheit zum Beispiel über logistische Berufe teils sehr groß ist. Zwar gibt es Berufsvorbereitungsmaßnahmen, aber meist werden dort immer dieselben zwei, drei Berufe vorgestellt. Dabei gibt es ja gerade im Bereich Logistik so viele verschiedene Ausbildungsberufe. Als Handelskammer planen wir, unsere Aktivitäten in der Berufsorientierung deutlich auszuweiten und vor allem Unternehmer sowie Auszubildende, die authentisch über Berufsalltag und Karrierechancen berichten können, stärker in die Schulen zu bringen. Wir organisieren dies über unsere zukünftigen ‚Orientierungsmanager‘, die als Kontakt und Bindeglied in die Schulen agieren werden. Zum Glück gibt es sie noch, die engagierten jungen Leute, die etwas bewegen wollen. Deshalb blicke ich für den Logistikbereich weiterhin optimistisch in die Zukunft.“
Lust auf Logistik
„Was die Karrieremöglichkeiten in der Logistik betrifft, stellen Firmen zum Beispiel sehr gerne – zumindest im mittleren Management, teils auch darüber – Leute ein, die vorher praktisch gearbeitet haben. Eine Ausbildung in der gewerblichen Logistik kann also durchaus auch den Eintritt in die ‚Teppichetage‘ ermöglichen“, weiß Christian Gruschka, Abteilungsleiter Logistik an der Beruflichen Schule gewerbliche Logistik und Sicherheit BS 27 in Hamburg. Er unterrichtet seit 20 Jahren die angehenden Fachkräfte in den drei Kernbereichen Fachlagerist, Fachkraft für Lagerlogistik und Fachkraft für Hafenlogistik. Dazu gehört auch noch der Hafenschiffer – „eine echte Hamburgensie, das kann man zurzeit nur bei uns in Hamburg machen.“ Bei all diesen Berufsbildern ist eher Hands-on angesagt, also das engagierte Mitanpacken in teilhandwerklicher Arbeit.
Neben den fachlichen Unterrichtsinhalten sei es ihm wichtig, seinen Schülern auch die beruflichen Perspektiven aufzuzeigen, betont der Berufsschullehrer. Denn er wolle ihnen auch das Rüstzeug mitgeben für spätere berufliche und technische Veränderungen. „Die wichtigste Voraussetzung für eine solche Karriere ist die Lust auf Logistik: Es muss ein gewisses Feuer für diesen Beruf vorhanden sein.“ Jede Fachkraft könne ihren Teil dazu beitragen, dass unser Warenwirtschaftssystem funktioniert und Abläufe reibungslos ineinandergreifen. Auch der Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen und Themenbereichen sei ein echtes Plus. „Besonders spannend finde ich, dass man Logistik sehen kann, bei uns im Hamburg zum Beispiel in den großen Containerterminals. Ich wünsche mir, dass meine Schüler diesen Spirit spüren.“
Zeugnisnoten sind zweitrangig
Die Unternehmen wollen ausbilden und suchen händeringend Nachwuchs. Sie haben Aufträge, aber es fehlten qualifizierte Mitarbeiter. „Es braucht in der Logistik möglichst niederschwellige Informationsangebote für interessierte junge Leute“, sagt Christian Gruschka. Seine Kollegen und er bieten zum Beispiel regelmäßig Berufsinformationstage für Klassen von allgemeinbildenden Schulen an, in denen sich die Betriebe in einer Art Speed Dating vorstellen. „Für Schüler ohne Schulabschluss haben wir auch selber Ausbildungsvorbereitungsklassen hier im Hause. Und wir gehen auch direkt in die allgemeinbildenden Schulen, um den Schülern eine Orientierung anzubieten. Wir raten ihnen, sich möglichst frühzeitig darum zu kümmern, was nach dem Schulabschluss folgen soll, damit sie danach nicht in eine Art Loch fallen. Außerdem besteht auch immer die Möglichkeit eines Praktikums – ich kann Ihnen zum Beispiel im gewerblichen Logistikbereich auf Anhieb 20 Praktikumsbetriebe nennen. Wenn sich ein Praktikant dann interessiert zeigt, hat er beste Chancen. Das Schulzeugnis spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, die Betriebe schauen dort viel eher auf unentschuldigte Fehltage – Engagement und Pünktlichkeit sind wichtige Skills.“
Schnelle Aufstiegschancen
Dass die gewerbliche Logistik berufliche Sicherheit mit guten Karriereperspektiven verbindet, bestätigt auch Rainer Fabian, Geschäftsführer des inhabergeführten mittelständischen Unternehmens TCO Transcargo GmbH in Hamburg. „Bei TCO hatten wir in den letzten Jahren immer durchschnittlich drei Auszubildende, überwiegend als Fachkraft für Hafenlogistik. Gerade in diesem Sektor gibt es sehr schnell Aufstiegschancen. Man braucht Verantwortungsbewusstsein und eine gewisse technische Affinität, weil man als Hafenlogistiker auch schwere Geräte und Maschinen bedient und damit dann gerne mal 40 Tonnen Ware im Millionenwert bewegt.“ Nach der Ausbildung und einigen Jahren Berufserfahrung kann man beispielsweise eine Fortbildung zum Großgerätefahrer machen. Zu einem großen Anteil bildet TCO diese auch selber mit hohem Aufwand aus, begleitet von externen Theorie- und Sicherheitseinweisungen. „Die Facharbeiter widmen sich dann entweder technischen Aufgaben, indem sie noch andere Geräte steuern und mehr Verantwortung übernehmen oder organisatorischen, indem sie Vorarbeiter werden oder als Verantwortlicher zum Beispiel den Ablauf an der Warenannahme organisieren. In all diesen Bereichen kann man auch sehr schnell Personalverantwortung übernehmen und Leute führen. Das geht in der Logistik schneller als in vielen anderen Branchen, da es auch immer noch einen Anteil von einfacheren und sehr einfachen Tätigkeiten gibt und diese Kräfte angeleitet werden müssen.“ Auch die Spezialisierung auf bestimmte Waren ist möglich, zum Beispiel als Kakao- oder Kaffeeexperte. Egal für welchen Bereich dieser Branche sich engagierte junge Leute besonders interessieren, sicher ist: Nach einer abgeschlossenen Lehre im gewerblichen Logistikbereich können weitere Stufen auf der Karriereleiter folgen.
Beste Zukunftsperspektiven
Das weiß auch Lucas Böhme, frisch ausgelernter Hafenlogistiker bei TCO. Für ihn ist dieser Wirtschaftsbereich genau das Richtige. „Der Hafen hat mich schon immer interessiert, daher fiel meine Wahl auf diesen Beruf. Auch das duale Ausbildungssystem ist gut, die Kombination aus Theorie in der Berufsschule und Praxis im Betrieb. Besonders gefällt mir der Umgang mit großen Maschinen, aber auch die Abwechslung – jeder Tag ist anders.“ Sein Blick geht nach vorne, denn er weiß, dass ihm weitere berufliche Möglichkeiten offenstehen. „Fortbildung ist für mich auf jeden Fall interessant. Nach meiner Ausbildung habe ich bereits einen Lehrgang zum Thema Ladungssicherung gemacht, vielleicht folgt noch der Bereich Gefahrgut.“ Und wie sieht es mit dem nächsten Karriereschritt aus, zum Beispiel der Fortbildung zum Vorarbeiter? „Ja, warum nicht“, sagt der junge Mann selbstbewusst, denn motivierten Nachwuchslogistikern wie ihm gehört die Zukunft.